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Weißrussland ist ein Binnenstaat in Osteuropa, der an Polen, die Ukraine, Russland, Lettland und Litauen grenzt. Die Hauptstadt von Weißrussland ist Minsk. Bei der Auflösung der UdSSR 1991 wurde die ehemalige Sowjetrepublik unabhängig; 1994 wurde Aljaksandr Lukaschenka Präsident, der das Land autoritär regiert. Westliche Kritiker bezeichnen das Land häufig als „letzte Diktatur Europas“.
Der Name Belarus ist seit dem Mittelalter überliefert und wurde im 19. Jahrhundert in den allgemeinen Sprachgebrauch aufgenommen. Die deutsche Übersetzung von Belarus in „Weiße Rus“ ist jedoch ungenau. Rus war der ostslawische Name für skandinavisch-slawische Herrschaftsgebiete wie das der Kiewer Rus, zu dem das Gebiet von der Gründung an gehörte. Das Adjektiv bely bedeutete im Mittelalter „westlich“ und/oder „nördlich“, Belarus ist demnach mit „Westliche Rus“ zu übersetzen. Daneben gibt es in Weißrussland auch Ansichten über andere mögliche Bedeutungen.
Die Verwendung des Worts Belarus bietet sich also an, um Unklarheiten zu vermeiden. Jedoch ist im Deutschen die Bezeichnung Weißrussland traditionell verbreitet. Die weißrussischen offiziellen Stellen wie auch die deutsche Diplomatie verwenden in offiziellen deutschsprachigen Texten den Namen Belarus, um die Unterscheidung von Russland zu verdeutlichen. Laut Auswärtigem Amt kann auf Landkarten sowie in nicht-diplomatischen Texten weiterhin die traditionelle Bezeichnung Weißrussland verwendet werden.
Früher wurde das Land auch Weißruthenien und im Sprachgebrauch in der DDR Belorußland genannt.
Die größte Ausdehnung des Landes vom Westen nach Osten beträgt 650 km – von Nord nach Süd sind es 560 km. Unter den europäischen Staaten ist Weißrussland flächenmäßig an 13. Stelle und der größte Binnenstaat, der vollständig in Europa liegt.
Die Staatsgrenzen zu Russland und der Ukraine machen je etwa 1000 km und insgesamt zwei Drittel des Grenzverlaufs aus, während auf Polen, Litauen und Lettland das letzte Drittel entfällt. Der Grenzverlauf ist unregelmäßig und folgt nur nach Polen teilweise Gewässern (Bug), vornehmlich verläuft die Grenze aber über Sumpf- und Hügelland.
Weißrussland liegt in der Osteuropäischen Ebene und wird von Hügelketten der eiszeitlichen Endmoränen (Weißrussischer Höhenrücken) und breiten, naturbelassenen Flüssen durchzogen. Etwa 70 % des Landes entwässern nach Süden zum Prypjat (weißrussisch Prypjaz) und zum Dnepr (weißrussisch Dnjapro), der weiter durch die Ukraine ins Schwarze Meer fließt. (siehe auch: Liste der Flüsse in Weißrussland).
Im Süden liegen die Pripjatsümpfe (russisch Polessje). 30 % des Landes sind bewaldet. Die höchste Erhebung ist die Dsjarschynskaja Hara (345 m) im Weißrussischen Höhenrücken, die tiefsten Flussniederungen liegen etwa 50 Meter über dem Meer.
Die größten Flüsse in Weißrussland sind Dnepr, Beresina (weißrussisch Bjaresina), Prypjat und Memel (weißrussisch Njoman). Nicht groß, aber als Grenze zu Polen und damit zur EU relevant, ist der Bug. Größter See ist der Naratsch im Norden des Landes nahe der Grenze zu Litauen.
Gemäß der Volkszählung aus dem Jahr 2009 beträgt die Bevölkerung Weißrusslands knapp 9,5 Millionen Einwohner (Stand 2009). Das Bevölkerungswachstum beträgt zurzeit etwa −0,15 %. Seit 1993 sank die Einwohnerzahl stetig um insgesamt etwa 6 %. Die Lebenserwartung in der Bevölkerung liegt bei 68,14 Jahren; bei Männern sind es 62,06 Jahre, bei Frauen 74,52. Die Alphabetisierungsquote ist mit 98 % auf europäischem Standard-Niveau.
Die offiziellen Amtssprachen des Landes sind Weißrussisch und Russisch. Die russische Sprache ist jedoch im Alltag dominierend, etwa 75 % der Bevölkerung nutzt inzwischen das Russische als Hauptumgangssprache und nur noch knapp 12 % das Weißrussische. Seit der Unabhängigkeit hat die Bedeutung des Weißrussischen zwar zugenommen, das Russische dominiert das öffentliche Leben jedoch nach wie vor. Verbreitet ist auch das Trassjanka, eine mündliche Mischform aus weißrussischer und russischer Sprache.
Laut offiziellen Statistiken bezeichnen sich 58,9 % der Bevölkerung als gläubig. Die größte Kirche in Weißrussland ist die orthodoxe Kirche, die im Weißrussischen Exarchat, das dem Patriarchen von Moskau untersteht, organisiert ist. Nach Schätzungen von 1997 gehören ihr ca. 82 % der Gläubigen an – vor allem Weißrussen, Ukrainer und Russen. Die restlichen 20 % der Bevölkerung verteilen sich auf mehrere Konfessionen (vor allem römisch-katholische, aber auch protestantische, moslemische und jüdische Gemeinden). Weißrussland war eines der schwerpunktmäßig betroffenen Gebiete des Holocaust. Vorher lebte hier eine große jüdische Bevölkerungsgruppe. Seit 1989 wanderte ein großer Teil der Nachkommen überlebender Juden aus.
Römisch-katholisch sind die meisten Polen und Litauer sowie die Weißrussen im Westen und Norden des Landes. Es gibt eine kleine Minderheit der griechisch-katholischen Christen von etwa 10.000 Gläubigen. Insgesamt umfasst die katholische Kirche nach eigenen Angaben zwischen 10 % und 14 % der Bevölkerung. Die Letten und die ziganischen Gruppen wie Jerli (auch Sinti, Lowara, Manusch, Roma und Kalderasch) bekennen sich vorwiegend zur evangelisch-lutherischen Kirche.
Das im Süden Weißrusslands gelegene Gebiet Polesien gilt als eine mögliche Urheimat der Slawen insgesamt. Im frühen Mittelalter war der Großteil des heutigen Weißrussland von ostslawischen Stämmen besiedelt, darunter die Dregowitschen, die Radimitschen und die Polotschanen. Im Nordwesten lebten baltische Stämme. Der Landstrich wurde Teil des Kiewer Reichs, des ersten ostslawischen Großstaates. Zu dessen Bestandteilen auf dem Gebiet Weißrusslands zählten das Fürstentum Polozk und das Fürstentum Turow-Pinsk. Bis 1240 zerstörte der Mongolensturm aus dem Osten die Kiewer Rus. Bis zum 14. Jahrhundert hatte sich die altrussische Einheit aufgelöst. Aus der Kiewer Rus entstanden mehrere Volksgruppen:
Auf dem Gebiet der heutigen Ukraine entstand das Galizische Fürstentum, das sich von den nördlichen Hängen der Karpaten über das heutige Ostgalizien und Wolhynien erstreckte. Dieses Königreich bestand bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts und bildete den Grundstein für die spätere ukrainische Volksgruppe, fiel dann aber unter litauisch-polnische Herrschaft.
Auf dem Gebiet Weißrusslands bildete sich allmählich die belorussische Volksgruppe heraus.
Großrussland fiel bis 1480 unter tatarische Herrschaft, bis es sich unter Moskauer Führung vom tatarischen Joch lösen konnte.
Im 14. Jahrhundert wurde das weißrussische Gebiet mit dem Fürstentum Smolensk und dem Fürstentum Polazk jedoch vom weit nach Osten expandierenden Großfürstentum Litauen erobert. Dessen Herrscher führte den Titel magnus dux Littwanie, Samathie et Rusie (siehe auch Goldenes Zeitalter (Weißrussland)). Die beiden Völker (Weißrussen und Litauer) nennen sich selber in ihren Sprachen Litauer (lietuvis bzw. litwin). Aufgrund der Bevölkerungsanteile war in dieser Zeit die Amtssprache weitgehend das ostslawische Ruthenisch. Nach der Union von 1386 wurde Weißrussland als Teil Litauens Bestandteil des Doppelstaats Polen-Litauen, bei dem es bis zum Ende des 18. Jahrhunderts verblieb.
Mit der ersten und zweiten Teilung Polens gelangte das Gebiet des heutigen Weißrussland bis 1793 vollständig unter russische Herrschaft, was von der russischen Seite als eine Wiedervereinigung gesehen wurde. Der Anschluss der Weißen Rus wurde durch Katharina die Große unter dem Motto Отторгнутое возвратихъ vollzogen – „ich habe das Entrissene zurückgeholt“.
Nach dem Einmarsch des deutschen Heeres in Minsk Anfang 1918 bestand zeitweise die nominell unabhängige Weißruthenische Volksrepublik. In den Jahren 1919/1920 war Weißrussland zwischen dem wieder entstandenen polnischen Staat und Sowjetrussland umkämpft und wurde 1920 nach dem Sieg der polnischen Truppen über die Rote Armee teilweise an Polen angegliedert. Aus dem sowjetischen Teil wurde die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik gebildet, die 1922 Gründungsmitglied der Sowjetunion wurde. Ebenso wie der sowjetische Teil war auch der polnische Teil mehrheitlich weißrussisch besiedelt.
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde 1939 der zuvor zu Polen gehörende Landesteil von sowjetischen Truppen besetzt und in die Weißrussische SSR eingegliedert. Im Sommer 1941 wurde ganz Weißrussland von der deutschen Wehrmacht erobert. Die deutsche Besatzungsherrschaft richtete große materielle Zerstörungen an und führte zum Tod von ca. 25 % der Bevölkerung, darunter fast die gesamte jüdische Bevölkerung des Landes. Weißrussland war von 1941 an mit über 1.000 Gruppen ein Hauptgebiet des sowjetischen Partisanenkampfes gegen die deutschen Besatzer. Von Ende 1943 an wurde das Land von der Roten Armee zurückerobert und galt im Sommer 1944 als vollständig von der deutschen Besatzung befreit.
Etwa 8 bis 9 % aller ermordeten europäischen Juden stammten aus Weißrussland. Fast alle Städte des Landes waren völlig zerstört. Die Industriebetriebe waren um 85 %, die Industriekapazität um 95 %, die Saatfläche um 40 bis 50 %, der Viehbestand um 80 % zurückgegangen. Es gab nach Kriegsende 3 Millionen Obdachlose. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Weißrussland 10 Millionen Menschen. Erst gegen Ende der 1980er Jahre war die weißrussische Bevölkerung wieder auf diese Vorkriegszahlen gewachsen.
Die Weißrussische SSR war 1945 wie die Ukrainische SSR und die UdSSR Gründungsmitglied der Vereinten Nationen.
Stark betroffen ist Weißrussland durch die Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 im ukrainischen Tschornobyl, in deren Folge weite Teile des Landes durch radioaktiven Niederschlag kontaminiert wurden.
Seit Ende 1991 ist das Land ein eigenständiger Staat. 1991 bis 1994 wurde es von Stanislau Schuschkewitsch regiert. Er wurde von Aljaksandr Lukaschenka abgelöst, der bis heute regiert und zunehmende Macht auf sich vereint. Lukaschenkas Politik wird von westlichen Beobachtern als undemokratisch, autoritär und marktfeindlich beschrieben. Das Land ist in Europa wirtschaftlich und politisch stark isoliert. Seine wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partner sind Russland, der Iran und Venezuela. Mit Russland wurde eine Zoll- und Verteidigungsgemeinschaft gegründet, eine weitergehende Union mit gemeinsamer Währung und gemeinsamer Außenpolitik wird seit den 90er Jahren ohne große Fortschritte immer wieder angekündigt. Die Präsidentschaftswahlen vom 19. März 2006 wurden von zahlreichen internationalen Beobachtern als undemokratisch bezeichnet. Vertreter der GUS-Staaten und die traditionell dem Staat freundlich gesinnte Gesellschaft für Bürgerrechte und Menschenwürde führten gegensätzliche Ansichten auf.