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Nigeria ist ein Bundesstaat in Westafrika, der an Benin, Niger, Tschad und Kamerun grenzt. Es ist mit Abstand das bevölkerungsreichste Land Afrikas und versucht sich nach Jahren der Militärdiktatur an seiner Demokratisierung und wirtschaftlichen Entwicklung. Nigeria konnte seine reichen Erdölvorkommen aufgrund von Korruption bisher nicht zur erfolgreichen Armutsbekämpfung nutzen.
Es ist ein Land mit großer kultureller Vielfalt: Im ganzen Land werden 514 verschiedene Sprachen und Idiome gesprochen. Außerdem sind hier zahlreiche westafrikanische Religionen anzutreffen. Allerdings herrschen auch oftmals mit Gewalt ausgetragene ethnische Konflikte zwischen dem muslimischen Norden und dem mehrheitlich christlich-animistischen Süden.
Nigeria liegt in Westafrika am Atlantischen Ozean und umfasst ein Gebiet von 923.768 Quadratkilometern mit einer Ost-West- und Nord-Süd-Ausdehnung von 1200 beziehungsweise 1100 Kilometern. Ein markantes Merkmal des Landes sind der südöstlich verlaufende Strom Niger und sein südwestlich verlaufender Nebenfluss Benue, die in Nigeria zusammenfließen und im Nigerdelta in den Golf von Guinea münden. Das Nigerdelta gehört zu den größten Flussdeltas der Erde und dehnt sich auf einer Fläche von ca. 70.000 km² aus. Das entspricht ungefähr der Größe Bayerns.
Der rund 850 km lange Küstenstreifen am Golf von Guinea ist geprägt von Lagunen (im Westen zum Beispiel die Lagune von Lagos) und von Mangrovensümpfen. Er erreicht im Nigerdelta seine größte Ausdehnung. Der früher fast 100 Kilometer breite Gürtel von tropischem Regenwald im Landesinneren wurde weitgehend gerodet und durch Sekundärwald ersetzt. Weiter nördlich erstrecken sich eine Middle Belt genannte Region, in der sich die Feuchtsavanne des Sudans ausbreitet, an der sich die Trockensavanne des Sahel anschließt. Eine eigene Vegetationszone bildet das im Osten Nigerias gelegene Bauchiplateau, ein bis zu 2010 Meter hohes Hochland, das als einziges Gebiet in Nigeria in der gemäßigten Zone liegt und eine Wasserscheide zwischen den Flusssystemen des Niger/Benue und des Komadugu Yobe bildet. Die flachen Ebenen im Nordosten Nigerias gehören geographisch zum Tschadbecken, in dem der Flusslauf des El Beid die Grenze zu Kamerun, vom Mandara-Gebirge bis zum Tschadsee, bildet. Das Flusssystem des Komadugu Yobe lässt in der Regenzeit die international bedeutenden Hadejia-Nguru-Feuchtgebiete und Ox-bow-Lakes rund um den Nguru-See entstehen. Weitere Flüsse des Nordostens sind der Ngadda und der Yedseram, die beide die Sambisa-Sümpfe durchfließen und dadurch ein Flusssystem bilden.
Die höchste Erhebung Nigerias ist mit einer Höhe von 2419 Metern der im Gebirgsland nahe der Grenze zu Kamerun gelegene Berg Chappal Waddi. Das einzige bekannte vulkanische Gebiet Nigerias bildet das Biu-Plateau.
Nigeria wird von zwei Klimazonen beeinflusst: tropisch feucht-heißes Klima im Süden mit einer ergiebigen Regenzeit, die von April bis Oktober dauert. Die Luftfeuchtigkeit liegt ganzjährig hoch, zwischen 85 und 95 Prozent. Die mittleren Temperaturen im südlichen Bereich Nigerias betragen ca. 30 °C. Nachts kühlt es meist nur wenig ab. In Nordnigeria herrscht Wüstenklima mit höheren Temperaturen und weniger Niederschlag als im Süden. Die Regenzeit des westafrikanischen Monsuns dauert von Juni bis September und die Trockenzeit mit Dürreperioden dauert von November bis März; der Harmattan bringt in dieser Zeit trockene heiße Luft aus der Sahara. Die Temperaturen können im Norden bis auf 50 Grad ansteigen. Allerdings ist hier die Luftfeuchtigkeit wesentlich niedriger und angenehmer. Die Temperaturunterschiede betragen bis zu 20 Grad zwischen Tag und Nacht. Die Regenzeit ist in Nordnigeria weniger ausgeprägt.
Die größten und politisch einflussreichsten Völker in Nigeria sind die im Norden lebenden Hausa und Fulbe, die zusammen 29 Prozent der Bevölkerung ausmachen und zur Gruppe Hausa-Fulani zusammengefasst werden, die Yoruba mit 21 Prozent in Südwesten und die Ibo mit 18 Prozent im Süden. Hinzu kommen etwa 400 zum Teil sehr kleine ethnische Minderheiten, unter ihnen die Ijaw (10 %) im Süden, die Kanuri (4 %) im Nordosten, die Ibibio (3,5 %) im Südosten und die Tiv (2,5 %) im Osten, sowie zahlreiche kleinere Völker wie die Umon.
Weil die von Hausa oder Yoruba dominierte Regierung und vor 1960 die britische Kolonialmacht ihre Forderungen nach politischer Partizipation zurückwies, wehrten sich einzelne ethnische Minderheiten gegen die politische Benachteiligung oder die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen etwa durch umweltschädliche Erdölförderung. So mündete im Jahr 1964 die Unterdrückung christlicher Tiv im von muslimischen Haussa-Fulbe dominierten Norden Nigerias, die sich unter anderem in einer für die Tiv nachteiligen Steuererhebung manifestierte, in Unruhen, die bis zu 4000 Todesopfer forderten.
Gesprochen werden vor allem Yoruba, Haussa, Igbo, Fulfulde und Kanuri sowie eine dreistellige Zahl anderer Sprachen – insgesamt 514 verschiedene Sprachen und Idiome; von diesen haben Ibibio, Tiv, Ebira, Igala, Edo, Izon, Nupe, Idoma und Efik jeweils mehr als eine Million Sprecher. Amtssprache ist jedoch die Sprache der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, Englisch. Weitere Amtssprachen sind Igbo, Yoruba und Haussa. Der Alphabetisierungsgrad in Englisch beträgt inzwischen 53,3 % (bei Männern 61,3 %, und bei Frauen 45,3 % / Stand 2006).
Daneben haben Hausa, Igbo und Yoruba halboffizielle Stellungen. Auf regionaler Ebene jedoch haben die meisten Bundesstaaten Englisch als Amtssprache. In Nordnigeria ist aus religiös-kulturellen und historischen Gründen zudem die Arabische Sprache in Gebrauch. Auch die Haussa-Sprache wird in der arabischen Schrift geschrieben (dem sogenannten Adschami). Die Schriften der Igbo und der Yoruba hingegen basieren auf dem lateinischen Alphabet. Im Nigerdelta, wo vor der Ankunft der Europäer zahlreiche unterschiedliche Sprachen gesprochen wurden, entwickelte sich bereits früh eine neue Kreolsprache, die nigerianische Pidginsprache, welche auf dem Englischen basiert. Außerdem spielt die französische Sprache durch die geographische Situation eine Rolle und ist in gebildeten Kreisen als Fremdsprache verbreitet. In Nigeria besteht eine kaum überschaubare Vielfalt an religiösen Gemeinschaften. Eine nigerianische Studie ermittelte 2003 Bevölkerungsanteile von 50,5 % für Muslime (vor allem im Norden) und 48,2 % für Christen (im Süden), davon sind 13,7 % Katholiken, 15,0 % Protestanten und 19,6 % andere, meist Mitglieder evangelikaler und pfingstlicher Kirchen. Auch zahlreichen anderen Schätzungen zufolge sind etwa 50% der Nigerianer Muslime, zwischen 40 und 46 % sind Christen und der restliche Teil bekennt sich zu einer traditionellen afrikanischen Religion. Einzelnen christlichen Schätzungen zufolge sollen hingegen Christen mit 50,8 % eine hauchdünne Mehrheit im Land stellen. Muslimische Mehrheiten gibt es aber auch in den überwiegend von Yoruba bewohnten und an Lagos heranreichenden südwestlichen Bundesstaaten Oyo, Ogun und Osun. Als Dachverband der nigerianischen Christen fungiert der Christian Council of Nigeria innerhalb des Dachverbandes der Christian Association of Nigeria. Obwohl kaum noch ein Zehntel der Bevölkerung Naturreligionen angehören, sind die Übergänge zwischen ihnen und dem Volksislam, dem Christentum westafrikanischer Kirchen und ihren lokalen Varianten fließend. Ahnenkult und Fetischismus spielen bei nigerianischen Christen und Moslems eine große Rolle. Insbesondere der Einfluss der Religion der Yoruba wird aus den Festlichkeiten in der heiligen Stadt Ile-Ife ersichtlich.
Es kam in der Vergangenheit oft zu Streitigkeiten zwischen den Religionsgruppen. Seit der Demokratisierung Nigerias 1999 nehmen Islamisierungstendenzen im ganzen Land zu. So wurde auf Druck islamischer Gruppen in den Bundesstaaten im Nordteil des Landes die Scharia eingeführt. Seither fielen Tausende religiösen Pogromen zum Opfer. Islamistische Gruppen wie Boko Haram setzen sich für die Einführung der islamischen Scharia in ganz Nigeria und das Verbot westlicher Bildung ein, was immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen mit Christen oder gemäßigten Muslimen führt. Von 1999 bis 2004 soll der Konflikt auf beiden Seiten etwa 10.000 Menschenleben gekostet haben. Bei wiederholten Übergriffen wie den Anschlägen auf christliche Kirchen 2011 kam es zu zahlreichen Toten, bei einem Anschlag gegen eine Koranschule wurden sieben Menschen verletzt.
Kranke, Arme und Alte sind auf Familienhilfe angewiesen, nur Regierungsbedienstete kommen in den Genuss öffentlicher Fürsorge. Niedrige Einkommen, die schnell wachsende Bevölkerung und die leere Staatskasse führten zum Scheitern aller Pläne, ein Gesundheits- und Rentensystem zu schaffen. Epidemien fordern unter der unterernährten und schlecht versorgten Landbevölkerung oft Tausende von Opfern. Der erste Ausbruch von Ebolafieber in Nigeria (in Lagos und Port Harcourt) im Zuge der Ebolafieber-Epidemie 2014 konnte jedoch recht schnell eingedämmt werden.
Die Gesundheitsbehörde National Agency for Food and Drug Administration and Control (NAFDAC) wurde 1993 gegründet und bis 2009 unter der Führung von Dora Akunyili zu einer starken Organisation ausgebaut.
Wegen des aus religiösen Gründen verhängten Impfverbots in nördlichen Teilen Nigerias waren 2004 fast zwei Drittel der weltweit über 1.250 Polio-Fälle (Kinderlähmung) in Nigeria anzutreffen. Damals hatten die Behörden die Impfungen ausgesetzt, nachdem muslimische Geistliche das Gerücht verbreiteten, der Impfstoff mache unfruchtbar. Auch in die angrenzenden Länder wurde Polio durch dieses Verbot transportiert.
Die Trinkwasserversorgung im Land ist wie in den Nachbarstaaten Niger und Tschad sehr schlecht. Zugang zu sauberem Trinkwasser, seit 2010 ein offizielles Menschenrecht der UNO, besitzt laut WHO und UNICEF nicht einmal jeder zweite nigerianische Bürger.
In Nigeria herrscht eine neunjährige Schulpflicht vom 6. bis zum 15. Lebensjahr. Die Einschulungsrate von 93 Prozent ist im Vergleich zu den Nachbarstaaten relativ hoch. Dennoch besuchen inzwischen nur noch etwa 50 Prozent aller Kinder im Schulalter eine Schule. Betrug der Bildungsetat 1985 noch 12,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, so sanken die Ausgaben 2003 auf 4,6 Prozent. Da deshalb der Besuch öffentlicher Schulen schon längst nicht mehr gewährleistet, Rechnen, Schreiben oder Lesen zu lernen, wächst vor allem in den Städten Lagos und Abuja die Zahl privater Bildungseinrichtungen, welche versuchen den Erwartungen der aufstrebenden Mittelschicht gerecht zu werden. Allerdings befinden sich Schulen und besonders Hochschulen in außerordentlich schlechtem Zustand. Hinzu kommt, bedingt durch ausbleibende Gehaltszahlungen, die geringe Motivation der Lehrkräfte und die enorme Zahl an Streiks, weswegen der Unterricht zuweilen vollständig unterbleibt. In einigen Bundesstaaten des Nordens sind alle Schulen geschlossen. Hier finden sich nur noch Koranschulen.